Im Kampf für kommunikative Gleichberechtigung

Ein Projekt aus dem Tätigkeitsfeld Professionalisieren

Die Probleme mit der Sprache

Haben Sie sich schon einmal schwergetan, einen Text richtig zu verstehen? Vielleicht lag dies daran, dass der Text in einer fremden Sprache verfasst wurde, dass Sie noch ein Kind waren oder, dass es sich um einen Text handelte, der mit Ihnen unbekannten Fachwörtern regelrecht um sich warf. Dies sind Ausnahmen, die Ihr generelles Leseerleben wahrscheinlich kaum beeinflusst haben – für viele Menschen sind schwer verständliche Texte jedoch Alltag. Es kann hier bei solch „einfachen“ Dingen wie Nachrichten zu Problemen kommen, aber besonders Formulare oder Gesetzestexte sind unter Umständen sehr kompliziert geschrieben und für Fachfremde kaum nachvollziehbar. 

Durch die Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes des Bundes (BGG) im Jahr 2016 wurde der Fokus jedoch vermehrt darauf gerichtet, leicht verständliche Texte in Leichter und einfacher Sprache zu erforschen und zur Verfügung zu stellen. 

Wer braucht das denn schon – “Leichte Sprache”?

Die Reaktionen auf Leichte Sprache sind leider häufig negativ bis abwertend, was sich auf die Leserinnen und Leser auswirkt. Dies führt dazu, dass diese stigmatisiert werden. Doch von Leichter Sprache profitieren sehr viele Menschen! Sie kann hilfreich sein im Umgang mit kleinen Kindern, mit Menschen, die Deutsch gerade erst lernen, oder fachfremde Personen. Außerdem Menschen mit Leseeinschränkungen oder Sprachverarbeitungsproblemen, wofür es vielfältige Gründe geben kann, wie beispielsweise Demenz, geistige Behinderungen, Lernschwierigkeiten, prälinguale Hörschädigungen oder funktionaler Analphabetismus.

Medizinische Texte, beispielsweise, die viele Fachbegriffe beinhalten, sind für Laien schwer verständlich. Wenn Sie jedoch auf das Verstehen des Textes angewiesen wären, wäre Leichte Sprache für Sie eine riesige Hilfe. Das heißt: Jeder profitiert von der Forschung im Bereich der Leichten und einfachen Sprache. 

Was Leichte Sprache ausmacht

Wichtig für Leichte Sprache ist das Verzichten auf Fremdwörter und Fachbegriffe. Insgesamt gibt es jedoch ungefähr 120 Regeln, die durch verschiedene Regelwerke, wie das des Netzwerks Leichter Sprache, erarbeitet wurden. Dazu gehört beispielsweise die Vermeidung von Nebensätzen, Passiv oder Negation. Kurze Sätze, mit einem Satz pro Zeile, Mediopunkte oder Bindestriche bei komplexeren Wörtern (z.B. Fach·sprache), direkte Ansprache und Zwischenüberschriften sind erwünscht. 

Außerdem hat Leichte Sprache drei Funktionen: 

1) eine Partizipationsfunktion – damit alle am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.

2) eine Lernfunktion – da durch Leichte Sprache Lernimpulse gegeben werden und somit das Ziel des Standarddeutschen leichter erreicht werden kann (hierfür besonders wichtig: Leichte Sprache muss korrektes Deutsch verwenden).

3) eine Brückenfunktion – da sie ein ergänzendes Angebot darstellt, sollte ein einfaches Hin- und Herwechseln zwischen dem originalen Text und dem in Leichter Sprache möglich sein.  

LeiKo und die zukünftige Forschung

Durch die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 kam es zu einer Forderung nach Barrierefreiheit, die sich auch auf Informationen und Medien bezieht. Dadurch wurden einige Regelwerke für Leichte Sprache entwickelt, wobei jedoch kaum erforscht wurde, ob hierdurch wirklich die Verständlichkeit verbessert wird und welche Auswirkungen sie auf übergeordnete Sprachebenen hat. Diesem Problem haben sich Prof. Dr. Heike Zinsmeister und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Sarah Jablotschkin von der Universität Hamburg gestellt und ein Vergleichskorpus mit Nachrichtentexten in Leichter und einfacher Sprache entwickelt (= LeiKo). Die vier Subkorpora beinhalten bisher 215 Nachrichten- und Zeitungstexte (+ Metadaten), wobei die Texte tokenisiert, lemmatisiert, wortarten- und dependenzannotiert und mit Koreferenzannotationen angereichert wurden. Dabei wurde ein Pilotkorpus von 40 Texten manuell korrigiert. 

Doch wofür soll dieses Korpus gut sein? LeiKo unterstützt die zukünftige Forschung, indem die Forscherinnen und Forscher auf das Korpus kostenfrei zugreifen können. Denn nur, wenn Leichte Sprache besser erforscht wird, kann sie sich auch verbessern und den Alltag vieler Menschen erleichtern. Mit der zunehmenden Forschung kann außerdem der Stigmatisierung der Nutzung Leichter Texte entgegengewirkt werden – für eine Zukunft, in der kommunikative Gleichberechtigung der Standard und kommunikatives Unverständnis kein Ausschlusskriterium ist

Wurde Ihr Interesse geweckt? Wenn ja, schauen Sie doch gerne in das auf Zenodo frei verfügbares Korpus hinein und machen Sie sich Ihr eigenes Bild von dem Projekt!

Die Autorin: 

Jacqueline Krumm studiert Gymnasiallehramt mit den Fächern Englisch und Deutsch. Ihre Liebe zum Lesen hat sie schon früh in ihrer Kindheit entdeckt, weshalb sie sich wünscht, dass in der Zukunft jede(r) Zugang zu guten, verständlichen Texten hat.

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