Im Sprint zu besserer Kommunikation

Ein Projekt aus dem Tätigkeitsfeld Lehren

Die Herkunft und die sozialen sowie kulturellen Voraussetzungen spielen in vielen Bereichen unseres alltäglichen Lebens eine große Rolle. Vor allem aber in der Schule sind die Differenzen in der Leistung aufgrund unterschiedlicher Ausgangspunkte gravierend. Differenzen in Bildungsstand und kommunikativen Fähigkeiten machen sich insbesondere in Fachbereichen bemerkbar, die stark auf Kommunikation beruhen. So auch im Fach Deutsch: Hier bemerken viele Lehrkräfte große Unterschiede in der Kommunikationskompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler, die auf Bildungsbenachteiligungen schließen lassen.

Können Angewandte Linguistinnen und Linguisten hier helfen? Auf jeden Fall, findet Prof. Dr. Miriam Morek. Deshalb ist sie im Projekt „Sprint“ aktiv. Sprint ist ein Projekt, das Linguistinnen und Linguisten sowie Lehrerinnen und Lehrer vereint, und Konzepte entwickelt, die Sprachförderung verbessern sollen. Das lässt sich auch bereits aus dem vollen Namen des Projekts ableiten: Sprint – Sprachbildung interaktiv.

„Im Projekt geht es uns darum, die Gesprächskompetenz der Lehrkräfte zu schulen. Die Förderung von Kommunikationskompetenz bzw. Kommunikationstrainings sind ja ganz klassische Untersuchungsbereiche oder Anwendungsbereiche der Angewandten Linguistik. Uns geht es vor allem um eine Kommunikationsschulung der Lehrkräfte, aber eben mit dem Ziel, dass die Inhalte auch aus sprachdidaktischer Sicht tragfähig sind und bei den Schülerinnen und Schülern wirklich ankommen. Deswegen ist es vielleicht, kann man sagen, gleich eine doppelte Anwendungsperspektive.“

Ein Projekt für den Schulalltag

In diesem Kontext ist auch das Projekt Sprint entstanden.

Im Fokus des Projekts Sprint steht die alltägliche Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden im Unterrichtsgespräch. Das Projekt setzt bei der Schulung der Lehrkräfte an, indem Gesprächswerkzeuge, also Tipps und Tricks für die Gestaltung, entwickelt werden, mit denen die Unterrichtsgespräche zum Training der Diskursfähigkeit von Schülerinnen und Schülern genutzt werden können. Hieraus soll auf lange Sicht die Kommunikationskompetenz der Lernenden in der Sekundarstufe verbessert werden – und gleichzeitig auch ein Abbau der Benachteiligungen durch soziale Ungleichheiten erreicht werden.

„Schlechte Unterrichtsgespräche sind ein typisches Alltagsproblem von Lehrkräften, aber auch von Schülerinnen und Schülern. Aus der interaktions- und gesprächsanalytischen Forschung zu Unterrichtsgesprächen weiß man: Der Lehrer hat sehr viel Redeanteil. Meist sind es dreischrittige Sequenzen: Der Lehrer stellt eine Frage, der Schüler antwortet, der Lehrer evaluiert. Es entsteht eigentlich kein wirkliches gemeinsames Nachdenken über die Fachgegenstände mittels Sprache.“

Und so soll die linguistische Lösung klappen

Ein komplexes Problem, das das Projekt aktiv anzugehen versucht. Zunächst wurde eine Grundlage für das Projekt geschaffen. Die 13 teilnehmenden Lehrkräfte aus unterschiedlichen Schulen wurden interviewt. Der gesprächslinguistische Befund wurde bestätigt, auch aus diesen Interviews ging hervor, dass die Unterrichtsgespräche zu monoton ablaufen: Lehrkraft und Lernende tauschen lediglich Fragen und Antworten aus. Es kommt meist nicht zu einem argumentativen Austausch zwischen den Parteien, sondern lediglich zu stichwortartigen fachlichen Kurzgesprächen. Als Lösung bieten die Angewandten Linguistinnen und Linguisten von Sprint einen Werkzeugkoffer für Lehrkräfte an, der verschiedene Tools enthält, die ein argumentatives Unterrichtsgespräch ermöglichen.

„Dieses Problem kann man beheben, indem man die Lehrkräfte schult, aus diesem typischen Mustern der Unterrichtskommunikation auszubrechen und die bewusst anders zu moderieren und anders zu gestalten.“

,meint Prof. Dr. Miriam Morek.

Innerhalb von zwei Jahren organisierten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen sechs Workshops für Lehrerinnen und Lehrer. Diese dienten dazu, in einem geschützten Raum anhand von Einzelcoachings via Video die Ideen der Lehrkräfte im Unterrichtsgeschehen zu erproben und weiterzuentwickeln. In den darauffolgenden praktischen Phasen konnten die Lehrkräfte die erlernten Praktiken im Unterricht anwenden. Die Unterrichtsgespräche wurden gefilmt und durch die Mitarbeitenden des Projekts qualitativ und quantitativ analysiert. Auf jede gefilmte Unterrichtssequenz folgte ein Feedback.

Das Projekt wird durch eine Konzeptentwicklung abgeschlossen, die festlegt, wie Sprint nachhaltig auch über die Grenzen des Lehrkraft-Netzwerks hinaus in den Schulen verankert werden kann. Prof. Dr. Miriam Morek und die anderen Projektmitwirkenden setzen sich dafür ein, dass auch Schulen, die nicht am Projekt beteiligt waren, Zugang zu den Erklärvideos und weiteren Projektmaterialien erhalten, um die Konzepte in ihren Schulalltag zu implementieren. Zudem hospitieren am Projekt beteiligte Lehrkräfte bei Kolleginnen und Kollegen und an anderen Schulen.

Wer noch mehr erfahren will, ist herzlich eingeladen, auf der Webseite des Projekts vorbeizuschauen!

Vielen Dank an Prof. Dr. Miriam Morek, die sich für diesen spannenden Blogbeitrag interviewen ließ und wertvolle Einblicke in das Projekt und die zukünftige Umsetzung der entstandenen Konzepte in den Unterrichtsalltag an den Schulen lieferte!

Die Autorin:

Isabell Neumann studiert Gymnasiallehramt mit den Fächern Deutsch, Englisch und Latein. Ihr Lieblingszitat ist: „Lehrer wird man nicht. Lehrer muss man sein, um es zu werden“ (Paul Esser) – sie möchte einmal eine nahbare Lehrerin sein und kein eiskalter Stein.

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